Ihr Lieben,
heute geht es um ein Thema, das mir sehr zu schaffen gemacht hat. So sehr, dass ich Anfang letzten Jahres für einige Zeit aufgehört habe zu schreiben. Ihr ahnt es vielleicht: Ja, es geht um ChatGPT und Kollegen.
Anfang 2024 wurde das Thema künstliche Intelligenz, also die Frage, ob zukünftig Romane nur noch von Computerprogrammen geschrieben werden, sehr stark diskutiert. Fast jeder zweite Post in meiner Buchbubble handelte davon. Je mehr ich darüber las, umso mutloser wurde ich.
Warum, fragte ich mich, sollte ich mich wochen- wenn nicht gar monatelang an den Schreibtisch setzen, grübeln, schreiben, verwerfen, recherchieren und Landkarten entwerfen, wenn all dies mit nur einer Anfrage bei ChatGPT und anderen Chatbots erledigt werden kann? Innerhalb kürzester Zeit formuliert diese KI ganze Absätze, macht Vorschläge und denkt für dich. Und ja, ich hab es selbst ausprobiert. War im ersten Moment völlig platt angesichts dessen, was da vor meinen Augen produziert wurde. Ganze Szenen, mühelos heruntergeschrieben. Fast wie Magie.
Natürlich überprüfte ich die Ergebnisse des schlauen Computers. Zum Beispiel fragte ich ihn nach Namen für eine Burg, die ein Schwarzmagier bewohnt. Der Name sollte mystisch sein, das Dunkle des Magiers widerspiegeln. Wie gehabt spuckte mir das Programm binnen weniger Sekunden mehrere Namen aus. Alle auf den ersten Blick vielversprechend. Erst als ich sie überprüfte, bemerkte ich, dass ausnahmslos alle Vorschläge bereits existieren, nicht wenige wurden einfach von dem Online Game World of Warcraft »geklaut«.
Trotzdem überlegte ich, ob es überhaupt noch zeitgemäß war, so zu schreiben, wie ich es tue. Dass es wirklich Monate dauert, bis der Plot einer Geschichte steht. Dass ich Wochen damit verbringe, über verschiedene Religionen zu recherchieren. Und sogar bis zum Abgabeschluss an den Namen von Geistern oder Dämonen feile?
Ich tat, was ich immer tue, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Ich zog die Sportschuhe an und wanderte los. Der Frühling präsentierte sich von seiner schönsten Seite. Die Blumen in den verschiedensten Farben, Bienen summten geschäftig herum. Die ersten hellgrünen Blätter an den Bäumen sicherten mir zu, dass der Winter endgültig vorbei war. Es roch wunderbar nach Flieder. Die Sonne wärmte mich. Also setzte ich mich an das Ufer der Ilz, packte die Brotzeit aus und trank den geliebten Assam Tee (mit Zitrone und Zucker). Mit einem Mal setzte sich eine Bachstelze nur wenige Meter vor mir auf die Spitze eines Felsens, der aus dem sprudelnden Wasser der Ilz ragte. Legte den Kopf schief und sah mich an.
Es war, als wollte sie sagen: Genieß diesen herrlichen Tag. Fühlst du die Wärme der Sonne? Riechst du den Duft der Blumen und des frischen Grases? Freust du dich, am Leben zu sein?
Und da begriff ich. Egal, wie viele Seite eine KI in einer Minute produzieren kann, ihr fehlt immer eine wichtige Sache: die Seele.
KI weiß nichts von den wärmenden Sonnenstrahlen oder wie gut Tee schmeckt. Wie es sich anfühlt, zu lieben – oder wie sehr es schmerzt, nicht geliebt zu werden. Was es heißt, zu leben. Gerade deshalb wird man immer bemerken, ob ein Text von einer KI geschrieben ist, oder von einem fühlenden Menschen. Von einer Schriftstellerin zum Beispiel, die ihre Geschichte mit Herzblut erzählt, weil es wirklich wichtig ist für sie.
Und genau deshalb habe ich mich schon am nächsten Tag hingesetzt und am neuen Roman weitergeschrieben. Denn das ist die Geschichte, die ich schon lange erzählen wollte. Und das kann keine KI für mich erledigen.
Wie geht es euch bei diesem Thema? Könnt ihr euch vorstellen, einen Roman zu lesen, der ausschließlich oder in großen Teilen von ChatGPT geschrieben ist?

Ein wundervolles Beitrag, liebe Judith! Herzblut, Seele, das hat die KI wahrhaftig nicht. Kann kein Leid spüren, keine Freude. Und dies nicht vermitteln!
Danke für deine Worte und Gedanken!
Ich kenne das Durchleiden von Schreibflauten sehr gut. Meine letzte entstand aus dem Gefühl: Mystische Geschichten interessieren eh keinen. Daraufhin habe ich, nach monatelangem Stillstand, mein neues Manuskript total umgeschrieben. Und siehe, es wurde trotz Zweifel, dennoch gut. Schreiben erfüllt! Und ich denke, Freude empfinden, kann die KI auch nicht. Gefühle halten uns und die Welt am Leben. Un diesem Sinne grüsse ich dich von Herzen! Edith Ascher
Liebe Edith, vielen Dank für deine mitfühlenden Worte. Du hast vollkommen recht, KI kann kein Leid spüren und vor allem keine Freude. Ich bin wirklich froh, dass auch du deine Schreibflaute überwunden und weiter geschrieben hast. Deinen neuen Roman werde ich baldmöglichst lesen. Dir noch viele inspirierende Momente. Herzliche Grüße aus Passau 🙂