Leif ist zurück

Leif ist zurück

»Was willst du mit dem?«
Ich schrecke zusammen. Der Teebecher fällt mir aus der Hand. Glücklicherweise ergießt sich der Darjeeling nicht über die Tastatur, sondern auf meine Hose. Mein Herz schlägt wie verrückt. Eben war ich noch im Kerker von Krên Marthân gewesen. Hatte einem Jungen geholfen, gegen ein Biest zu kämpfen und im nächsten Augenblick finde ich mich in meinem Arbeitszimmer wieder. Leif glotzt auf den Bildschirm. Er war also zurückgekehrt.
Die Hand, die in einem durchnässten, dreckigen Handschuh steckt, zeigt anklagend auf den Bildschirm. Ja, der Screen war zweigeteilt. Auf der linken Seite sieht man das aktuelle Dokument. Auf der rechten Seite steht ein junger Bursche in der Mitte einer gut gefüllten Taverne und singt. Er hat kurze schwarze Haare, seine Kleidung ist ärmlich und sehr bunt. Wohl um sich besser konzentrieren zu können sind seine Augen geschlossen. Das Publikum lauscht ihm ergriffen.


Leifs Gesicht verdüstert sich. Er kneift die Lippen zusammen und blickt mich unter hochgezogenen Augenbrauen an.
»Und?«, fragt er nach. Nicht sehr freundlich.
»Zunächst schön, dass du wieder mal vorbeischaust. Du hast dich wirklich rar gemacht.« Ich gebe zu, ich bin ein bisschen sauer. Ein halbes Jahr hat sich die Wikinger Muse nicht mehr bei mir gezeigt.
»Pff«, er stößt die Luft aus. »Hatte wichtige Dinge zu tun.«
»Wichtige Dinge?« Jetzt werde ich wirklich sauer. »Wichtigere Dinge, als mir bei dem neuen High Fantasy Roman zu helfen? Gerade zu Beginn ist so viel zu bedenken.«
Mein Temperament geht mit mir durch. Also springe ich auf. So viele Tage hatte ich grübelnd verbracht und mir sehnlichst gewünscht, Leif würde auftauchen und mir helfen.
Ich zähle es an den Fingern ab: »Wie soll das neue Land aussehen? Gibt es Götter und wie heißen sie? Welche Gesellschaftsform herrscht vor? Was ist die Prämisse und der Konflikt? Und nicht zuletzt: Wie soll der neue Hauptprota aussehen?«
Jetzt stutzt er.
»Es ist ein Er?«
»Jep, es ist ein Er. Warum auch nicht? Traust du mir nicht zu, dass ich aus der Sicht eines Mannes schreibe?« Theatralisch werfe ich die Hände in die Höhe.
Leif hebt die Schultern. Wieder starrt er auf den Screen.
»Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Wer ist das? Und was hast du mit ihm zu schaffen?«, beharrt er.
Jetzt, endlich, begreife ich.
»Du bist eifersüchtig!«, schleudere ich ihm ins Gesicht.
Er brummt etwas, das ich nicht verstehe. Ist vielleicht besser so.
»Darf ich vorstellen: Das ist Rhigann. Der Held des neuen Romans. Er ist ein begnadeter Sänger.« Dass Rhigann so viel mehr ist, als ein einfacher Sänger, muss ich ihm ja nicht gleich verraten.

»Hm, hm, hm.« Einige Augenblicke überlegt er.
»Also Esmanté hat mir besser gefallen.« Grinsend deutete Leif weibliche Umrisse an. »Aber gut, von mir aus. Wenn es ein Typ sein soll, dann nur zu. Wird schwierig werden, dich in den komplexen Verstand eines Mannes einzuarbeiten.« Gönnerhaft grinst er mich an, die starken Arme in die Seiten gestemmt.
»Pah, von wegen komplex«, winke ich ab. Aber ich will mich nicht mit ihm streiten. Es gibt noch so viel, was ich mit meiner Muse besprechen muss. Denn wer weiß, wann er geruht, wieder zu verschwinden.
Und wie seht ihr es? Habt ihr Lust, einen High Fantasy Roman über einen begabten Sänger zu lesen?

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Gisela
Gisela
1 Monat zuvor

Oh ja, das würde ich wirklich gerne. Bin gespannt

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