Von meiner Muse

Von meiner Muse

Von meiner Muse

Ihr Lieben, in letzter Zeit erreichen mich immer mehr E-Mails, in denen nach dem zweiten und dritten Band von »Tiranorg« gefragt wird. Ich weiß, dass ich euch alle lange warten lasse und das tut mir sehr leid.

Fakt ist: Ich habe mich entschlossen, den 1. Band noch einmal professionell lektorieren zu lassen, weil doch einige Fehlermeldungen kamen. Frau Carolin Olivares hat das übernommen und ich bin absolut begeistert, was sie aus meinem Roman herausholt. Dieses Lektorat ist nun beinahe fertig. Der zweite Band ist schon geschrieben und muss nun auch noch lektoriert werden. Bis jetzt hoffe und denke ich, dass ich ihn zum Ende diesen Jahres herausgeben kann. Außerdem gibt es für den 3. Band schon an die 350 Seiten, weshalb ich geplant habe, ihn zur Mitte nächsten Jahres erscheinen zu lassen.

ABER: Bis jetzt gibt es noch keine offizielle Ankündigung meinerseits, weil ich erst noch das Lektorat abwarten möchte. Mir ist es sehr wichtig, euch allen das bestmöglichste Leseerlebnis zu bieten. Also kann ich nur um Verständnis bitten und hoffen, dass ihr noch so lange warten könnt.

Nur unter uns: So ganz nebenbei freue ich mich, wie sehr euch die Geschichte aus dem Land Tiranorg gefällt 🙂 Mir wurde außerdem gesagt, dass ich schon lange keine Story mehr online gestellt habe.

Deshalb erzähle ich euch heute von meiner Muse:

Gerne würde ich euch von einer Muse erzählen, wie sie sich wohl jeder vorstellt: Ein filigranes, ätherisches Geschöpf, vorzugsweise jung und weiblich mit langen, blonden, leicht gewellten Haaren, das ein schillerndes, halb durchsichtiges Kleidchen trägt, ab und zu vorbeischwebt und mir mit samtweicher Stimme Hilfreiches in’s Ohr flüstert.

Die Realität sieht anders aus. Bei mir jedenfalls. Ich schrecke hoch, weil die Haustüre quietschend gegen die rohe Behandlung protestiert. Das kann nur Eines bedeuten: So schnell wie möglich den Met zu wärmen und die Fleischplatte herzurichten.

Schon stürmt er ins Zimmer. Das ockerfarbene Wams mit den ledereingefassten Ärmeln landet auf dem Boden. Am liebsten hätte ich mir die Nase zugehalten, denn von dem Kleidungsstück geht der ach so liebliche Geruch nach nassem Hundefell verbunden mit einer durchdringenden Note Misthaufen aus. Die Wurfaxt wird, ein wenig pfleglicher, gegen den Türrahmen gestellt, wo schon mehrere Einkerbungen darauf hinweisen, dass das sein Lieblingsplatz für die Waffe ist. Die Fellstiefel kommen auf dem himmelblauen, und nebenbei bemerkt neuen, Teppich zum Liegen und so langsam tauen Schnee und Schmutz darauf zu einem herrlich anzusehenden dunkelbraunen See. Leif ist sein Name, ich weiß nicht, aus welcher Ecke des Wikingerreiches er zu mir gefunden hat. Als ich ihn einmal danach fragte, antwortete er ziemlich ausweichend.

Leider ist der Met noch nicht heiß und so sieht er sich in meinem Arbeitszimmer um. Die wasserblauen Augen entdecken schließlich das Buch. Mit dem ich es mir auf der Couch bequem gemacht hatte.
»Du liest ein Buch? Jetzt? Hast du nichts anders zu tun?«
Er fischt ein Lederband aus der Hosentasche, bindet damit die festen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz und lässt sich auf den einzigen Stuhl fallen, so dass dieser ächzt.
»Du weißt doch, dass die Arsuri nicht geschlagen sind! Noreia in großer Gefahr ist? Und in Nisz mussten sie wieder zwei Lecks im Jadebogen schließen. Nur, weil du nicht weiterkommst! Und du? Sitzt faul rum und liest?«
Seine Faust saust auf den Tisch.
»Das musst du mir nicht sagen!«, gebe ich beleidigt zurück. »Aber du weißt doch …«
»Eben! Warum machst du dann nicht weiter?«

Um ihn versöhnlicher zu stimmen, hole ich den Met, der endlich warm ist, schenke uns ein und warte, bis er einen großen Schluck getrunken hat. Wenigstens findet die Fleischplatte seine Zustimmung. Er greift mit den Fingern nach den Rippchen. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig, ihm eine Serviette auf die Beine zu legen, damit er sich dort die Hände abwischen kann. Neulich musste ich die Tischdecke wegwerfen – zu viele Fettflecken.
»Das letzte Mal als du hier warst, hab ich dir erklärt, dass Frau Olivares den ersten Band nochmal korrigiert und …«
»Eine Schnapsidee war das!« Er schickt mir einen strengen Blick und wischt sich über den rotblonden Bart, der zu einem Zopf geflochten ist, in dem Thors Hammer baumelt.
»Nein, war es nicht! Es gab noch Fehler und ich versichere dir, sie sieht sie alle und bevor du dich noch mal aufregst – wir sind fast fertig. Und dann nimmt sie sich den zweiten Band vor …«
»Das dauert alles viel zu lange!« Wie er es schafft, zu sprechen, obwohl eine Scheibe gebratenen Specks, eine Zwiebel und eine Kartoffel in seinen Mund wandern, ist mir schleierhaft.
»Ja, ich gebe zu, dass es noch ein wenig dauert, aber nicht mehr lange …«
»Aber, aber – ich kann’s nicht mehr hören! Wir sind schon im 3. Band. Gerade zieht Esmanté mit diesem komischen Kerl los und Loglard und Vilanga warten nur noch auf Varionde, um den Viechern endgültig …«
»Um so besser!«, unterbreche ich ihn und schenke noch mal nach. Was mir zum ersten Mal an diesem Abend einen anerkennenden Blick einbringt. »Frau Olivares prüft auch den zweiten Band auf Herz und Nieren. Was mich sehr beruhigt. Und in der Zwischenzeit schreiben wir den dritten Band fertig – und alle sind glücklich.«
»Hm, hört sich nach einem Plan an«, brummt er. »Übrigens: Hast du ein gutes Buch über Schlangenbisse gelesen, so wie ich es dir gesagt habe?«
»Ja, hab ich«, versichere ich und bin froh, dass Leif mit Google und Wikipedia nichts anfangen kann.
»Wenigstens etwas. Will morgen zum Nordmeer«, eröffnet er mir. »Da gibt es diese Hafenstadt, die einzige größere Ansiedlung am Ufer von Mor Ar Skorn. Vielleicht hat dort jemand eine Meerelfe gesehen, mit raspelkurzen Haaren und Augen, die denen eines Tintenfisches gleichen. Sie hat etwas bei sich, was unter Umständen noch sehr wichtig werden könnte. Außerdem will ich in die Taverne zur schillernden Muschel, wirklich, die Schankmaid lässt dich jeden Kummer vergessen.« Er wackelt mit den Augenbrauen.
»Aber jetzt lass mich schlafen«, sagt’s, streckt die Beine aus und fängt an zu schnarchen. Leise rücke ich meinen Stuhl zurecht und schreibe auf einen Block statt am Computer weiter, damit ihn das Klackern der Tastatur nicht weckt. Hab ich leider schon einmal gemacht. Leute, ihr könnt euch seine schlechte Laune nicht vorstellen und ich saß geschlagene zwei Monate ohne Inspiration herum!

Die Uhr schlägt Mitternacht, da wacht Leif mit einem Ruck auf. Vorsorglich hab ich den Humpen bereits mit heißem Met gefüllt.
»Du lernst es ja doch noch«, er zwinkert mir zu und erinnert mich dabei an Téfor.
Dann setzt er an, trinkt den Humpen in einem Zug aus und rülpst. Anschließend streckt er sich, schlüpft in die Jacke und die Stiefel.
»Übrigens …«, er hält inne, dreht sich zu mir um. »Ich hab mir die Stadtpläne von Tyr Abath angesehen.«
»Es gibt Pläne vom Rückzugsort der Arsuri?«, unterbreche ich ihn und bereue es sofort.
Tatsächlich schickt er mir einen strafenden Blick.
»Sag ich doch gerade. Hör zu! Wirklich interessant, wie die Altvorderen diese Stadt aufgebaut haben und noch etwas: Schau dir mal an, wie Wehrtürme aussehen!«

Pfeifend greift er nach der Wurfaxt und geht nach draußen.
Gerade bin ich bei dem Gedanken, warum bei allen Göttern ausgerechnet ich einen ruhelosen Wikinger als Muse bekommen habe, da poltert es erneut im Gang. Die Tür wird aufgerissen und Leif steht erneut vor mir.
»Außerdem: Schreib gefälligst schneller! Bei den Wölfen braut sich etwas zusammen, was mir überhaupt nicht gefällt! Sie brauchen alle Hilfe, die sie kriegen können. Also trödle nicht herum! Schreib endlich Tiranorg fertig, damit wir beim Clan von Bayern nach dem Rechten sehen können!«

Die Tür fällt in’s Schloss. Fast glaube ich, auf der Straße vor unserem Haus Pferdehufe zu hören, eigentlich völlig unmöglich mitten in der Stadt. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich an den Computer zu setzen und die Nacht durchzuarbeiten. Nicht auszudenken, wenn Leif wiederkommt und die Szene mit dem neuen König von Cérnowia ist noch nicht geschrieben …

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